Kuratorin


Der nackte Körper – Eine Frage der Perspektive / The Naked Body – A Matter of Perspective

Museum Kurhaus Kleve, 26.11.2021 – 16.01.2022

Nacktheit ist eine Frage der Perspektive: Wie der nackte Körper bewertet wird, und ob ein Körper als nackt angesehen wird, hängt maßgeblich vom historischen, religiösen, sozialen und kulturellen, aber auch politischen Kontext ab. Nacktheit weckt widersprüchliche Assoziationen: Sie steht für Freiheit, Liebe und Sexualität, symbolisiert Selbstbestimmung und Handlungsmacht, kann Ausdruck von Stärke sein und als kraftvolles Medium für Protest fungieren.

Nacktheit kann aber auch Verletzlichkeit bedeuten, mit Entblößung und Scham assoziiert werden. Der nackte Körper unterliegt gesellschaftlichen Normierungen, sei es in Bezug auf Geschlecht und sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Körperformen oder auf Gesundheit und Fitness.

Die Ausstellung „Der nackte Körper – Eine Frage der Perspektive“ ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Museum Kurhaus Kleve und dem sozialwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang „Gender and Diversity“ an der Hochschule Rhein-Waal. Studierende der sozialwissenschaftlich ausgerichteten Gender and Diversity Studies entwickelten als Jungkurator*innen die Ausstellung entlang dreier Themenkomplexe: Die künstlerische Darstellung, aber auch der Bruch mit den Idealen des nackten Körpers rücken in den Fokus. Das Augenmerk wird auf Kunstwerke, die Nacktheit positiv und selbstermächtigend präsentieren, gelenkt. Dekoloniale Perspektiven (in Überwindung rassistischer Zuschreibungen) auf den nackten Körper in der Kunst werden eröffnet. Damit steht die Ausstellung für das Ringen um ein anderes, emanzipatorisches Narrativ mit Blick auf Nacktheit.

Gezeigt werden Werke aus der Sammlung des Museums Kurhaus Kleve, thematisch ergänzt um Leihgaben sowie um eigens für die Ausstellung angefertigte künstlerische Arbeiten von Studierenden des Studiengangs „Information and Communication Design“ der Hochschule Rhein-Waal, welche unter der Leitung der Künstlerin und Fotografin Kirsten Becken entstanden sind. Das Spektrum der gezeigten Kunstwerke umfasst Skulpturen, Malerei, Zeichnungen, Graphik, Photographie, aber auch Filme und Videos, und reicht vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Die Ausstellung lädt dazu ein, im Dialog zwischen Kunst (-geschichte) und Gender and Diversity Studies gängige Perspektiven auf den nackten Körper zu reflektieren und in Bezug auf Körpernormen und koloniale Prägungen herauszufordern, einen Blickwechsel zu wagen vom nackten Körper als Objekt zum Subjekt, zur Handlungsfähigkeit.

In der Ausstellung sind Werke folgender Künstler*innen vertreten: Ellen Auerbach, Stephan Balkenhol, Kirsten Becken, Joseph Beuys, Jodi Bieber, AA Bronson, Kennedi Carter, Emil Cimiotti, Sophia Cockburn, Marlene Dumas, Va-Bene Elikem Fiatsi (crazinisT artisT), Andrea Fraser, Renée Green, Hendrick Goltzius, Hanns Lamers, Jocelyn Lee, Alla Magdina, Gerhard Marcks, Ewald Mataré, Zanele Muholi, Richard Phillips, R.H. Quaytman, Pipilotti Rist, Jürgen Teller, Ming-Jing Tsai, Paloma Varga Weisz, Kefan Weng, Franz West, Johann Andreas Wolff, Tobias Zielony und mehr.

Die Ausstellung wurde initiiert von Crystal Hassell und kuratiert von den Studierenden Runa Autzen, Konul Bilalova Brocker, Stephanie Finkler, Karen Gumiel-Silva, Crystal Hassell, Farhin Sohan Kabir, Aylin Klisura, Jana Küppers, Luna Orsini, Rutu Gole, Zama Madondo, Yi-Ning Su, Tamunosiki Tende, Lynn Marie Watzka unter der Mithilfe von Gerd Borkelmann, Alexandra Eerenstein und Valentina Vlašić (Museum Kurhaus Kleve) und Crystal Hassell und Eva Maria Hinterhuber (Hochschule Rhein-Waal). 

Die Ausstellung wird durch ein umfangreiches Begleitprogramm komplettiert: Teams von Kurator*innen und Studierenden bieten thematische Führungen an. Eine Podiumsdiskussion bringt die verschiedenen Perspektiven auf den nackten Körper in der Kunst seitens der Gender Studies, des künstlerischen Schaffens, der Kunstpädagogik und des Kuratierens miteinander ins Gespräch. Atlanta Ina Beyer beschäftigt sich in ihrem Vortrag mit männlicher Homoerotik, Zensur und uneingestandenem Verlangen. Ein Filmabend eröffnet die Möglichkeit, gemeinsam Zanele Muholis „Difficult Love“ zu sehen und sich mit queeren, aber auch dekolonialen Positionen in der Kunst auseinanderzusetzen. Von Kirsten Becken, Gerd Borkelmann und Alexandra Eerenstein gemeinsam mit Studierenden geleitete Workshops laden zur aktiven, auch künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema ein. Und künstlerische Performances der Bodypainterin Corinna Lenzen zum Thema nackter Körper sowie vom niederländischen Künstlerduo „mir*pluck“ im Kontext mit Queerness bereichern Vernissage und Finissage.

Die Ausstellung ist das erste Kooperationsprojekt des Museum Kurhaus Kleve mit der Hochschule Rhein-Waal. 

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Original & Kontext Die Sammlung analog + digital

Museum Kurhaus Kleve, 30.10.2021 – 27.02.2022

Die Tätigkeitsfelder des Sammelns, Bewahrens, Erforschens und Vermittelns sowie des raumbezogenen Ausstellens der Bestände zählen seit jeher zu den zentralen Aufgaben eines Kunstmuseums. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche haben sich darüber hinaus neue Formate des Informationsaustauschs entwickelt, die das MKK seinem Publikum gern in exemplarischen Konstellationen vorstellen möchte. Wichtig dabei bleibt, dass die Begegnung mit den Originalen unverzichtbar ist, dass aber die Zugänge zu den Kontexten der jeweiligen Werke um ein Vielfaches vor, während und nach dem Museumsbesuch erweitert werden können. Bringen Sie bitte Ihr Smartphone mit und vertiefen Sie sich in das dichte Referenzgewebe unserer Online-Sammlung oder lassen Sie sich faszinieren von lange nicht gesehenen Schätzen und neuesten Dauerleihgaben …

Das Museum Kurhaus Kleve besitzt eine eindrucksvolle, epochenübergreifende Sammlung vom Mittelalter am Niederrhein bis zur internationalen Gegenwartskunst, von der stets weniger als zehn Prozent ausgestellt ist. Der Großteil schlummert im Depot, wo er die letzten Jahre aufgearbeitet und sukzessive auf die neue Sammlungswebsite www.sammlung.mkk.art geladen wurde, die im Frühjahr 2021 online gegangen ist. Integraler Bestandteil der Onlinestellung ist die Verknüpfung zwischen dem realen Museumsbesuch und der digitalen Verfügbarkeit umfassender Informationen, die mittels QR-Code bequem von der Sammlungswebsite abgerufen werden können.

Die neue Sammlungspräsentation im MKK zeigt ungeahnte, teilweise Jahrzehnte nicht ausgestellte Kunstwerke und Kostbarkeiten mehrerer Jahrhunderte, bei deren Einrichtung unter anderem auch eine Würdigung musealen Mäzenatentums erfolgt ist und ein Fokus auf jüngste biographische Ereignisse gelegt wurde. Im Erdgeschoss ist erstmals seit Jahren wieder das monumentale und fast neun Meter lange „Farbspektrum des Tageslichts“ (1997) von Jan Andriesse zu sehen, eines Künstlers, der dem MKK Jahrzehnte verbunden war und im August dieses Jahres verstorben ist. Seinem Werk gegenübergestellt sind Arbeiten von Alex Katz – den Jan Andriesse bewundert und zu dem er eine langjährige Freundschaft gepflegt hat. Seit Alex Katz’ Einzelausstellung 2009 befindet sich dessen rätselhaftes Werk „Oona’s Back“ (2008) im MKK, das nun neu durch das imposante Waldstück „Clearing“ (1986) – einer erst jüngst erworbenen Dauerleihgabe aus der Stiftung Kunst im Landesbesitz – bereichert wird. Im Erdgeschoss ferner zu sehen sind Gegenwartspositionen mit neuesten Ankäufen von Lucas Blalock sowie Werkkomplexe von Michael Krebber, Katharina Fritsch, Werner Wefers und Cy Twombly.

Im ersten Obergeschoss stehen Kunstwerke des 20. Jahrhunderts im Fokus, die gattungsübergreifend präsentiert werden: Im schmalsten Saal des Museums mit der Nummer 13 werden Gemälden aus der Sammlung die Porträts ihrer Künstler gegenübergestellt. Das noch nie präsentierte Bildnis von Johan Thorn Prikker (1924) aus der Hand von Heinrich Nauen erscheint neben Thorn Prikkers Relief der „Fußballspieler“ (um 1900). Weitere Künstlerporträts, die Fritz Getlinger in den 1950er bis 60er Jahren von Klever Künstler*innen angefertigt hat, sind den dazu gehörigen Gemälden aus altem städtischen Besitz in Disposition gestellt.

In den Sälen 14 und 15 sind Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphiken der 1930er bis 70er Jahre aus der Sammlung Wörner Skulpturen und Kunstgewerbe der Sammlungen Werner Steinecke und Irene Zintzen gegenübergestellt. Das Wuppertaler Ehepaar Rose und Gustav Wörner gehörte zu den wichtigsten Mäzenen der Klever Museen, deren umfangreiche Sammlung nach Rose Wörners Tod 2015 in die Hände des Freundeskreises übergegangen ist und 2016 in einer umfassenden Gesamtschau präsentiert wurde. Bei der diesjährigen Ausstellung soll die Kleinplastik der Klassischen Moderne mit den figürlichen Keramiken der Sammlung Steinecke konfrontiert werden. Der Keramiksammler und -experte Werner Steinecke hat 2011, 2019 und 2022 ganze Konvolute seiner einzigartigen Keramiksammlung in die Hände des Freundeskreises übergeben, wobei bei dieser Ausstellung erstmals überhaupt die figurativen Exponate im Vordergrund stehen. Die Glassammlung mit Exponaten der 1970er und 80er Jahre der im Juli 2021 verstorbenen Museumsmäzenin Irene Zintzen (geb. van Ackeren) wurde noch nie öffentlich präsentiert.

Im doppelgeschossigen Saal 16 ist die Pop Art zentral, die durch das monumentale „GERMAN LOVE“ (1995) von Robert Indiana angeführt wird, einem über sechs mal sechs Meter großen Wandteppich mit dessen ikonischem „LOVE“-Emblem in den Farben der deutschen Flagge. Eine im selben Saal untergebrachte Publikation erinnert an den Impulsgeber seiner Einzelausstellung 2007 im MKK: an den 2019 verstorbenen Galeristen Georg Friedrichs, der das Buch nach seinem Besuch bei Robert Indiana 2007 in Vinalhaven (USA) angefertigt und anschließend dem MKK geschenkt hat. Ergänzt werden diese beiden Exponate durch zwei neue Dauerleihgaben aus der Stiftung Kunst im Landesbesitz: „The New Zero“ (1972) von Robert Indiana und „Details of Renaissance Paintings (Leonardo da Vinci, The Annunciation, 1472)“ (1984) von Andy Warhol.

Das zweite Obergeschoss steht im Zeichen der alten Kunst: Selten oder noch nie gezeigte Altmeisterporträts von Melchior Geldorp, Joos van Cleve oder Gerard van Honthorst zeugen vom Selbstverständnis eines im 17. Jahrhunderts aufkeimenden Bürgertums. Claes Molenaers „Beim Schiedsmann“, Jan Davidsz. de Heems „Allegorie auf Wilhelm III. von Oranien“ und Jan Jakobsz. van der Stoffes „Reitergefecht“ (alle um 1650) weisen multiple gesellschaftliche und vor allem politische Bezüge auf. Wallerant Vaillants „Rheinansicht“ und Jacob Konincks „Kleve und die Niederungen“ (um 1650 bis 1680) spiegeln den Blick auf die Landschaft wider. Die zeitlich frühesten Exponate sind ein niederrheinisches Kruzifix eines unbekannten Meisters (um 1500), eine gebundene Ausgabe der berühmten „Koelhoff’schen Chronik der Stadt Köln“ aus dem Jahr 1499 sowie das jüngst aufwändig restaurierte „Bildnis des Grafen Adolf von Kleve, Mark und Ravenstein“ (1489).

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Freischwimmer: Fotografie der Sammlung Viehof & des Museum Kurhaus Kleve

Museum Kurhaus Kleve, 02.10.2020 – 25.04.2021

Das Museum Kurhaus Kleve und sein Freundeskreis besitzen sehenswerte fotografische Bestände mit ikonischen Werken von u.a. Thomas Ruff, Thomas Struth, Andreas Gursky oder Jeff Wall, die erst jüngst durch imposante Arbeiten von Wolfgang Tillmans, Candida Höfer oder Matthias Hoch aus der „Stiftung Kunst im Landesbesitz, Nordrhein-Westfalen“ ergänzt wurden.

Im Rahmen der Ausstellung „Freischwimmer“ hat das Museum Kurhaus Kleve erstmals überhaupt seine Bestände innerhalb der Fotografie denen aus dem Besitz der Mönchengladbacher „Sammlung Viehof“ gegenübergestellt, um sinnreiche Parallelen ziehen oder kontrastreiche Gegensätze herauskristallisieren zu können.

Auch die „Sammlung Viehof“ besitzt zahlreiche, mittlerweile als „klassisch“ geltende Positionen der Fotografie von u.a. Ruff, Struth oder Wall, die sie erst jüngst durch Protagonist*innen wie Josephine Meckseper oder Cindy Sherman ergänzen konnte. Die Ausstellung hat einen umfassend interessanten Einblick in vor allem deutsche Fotografie des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts geliefert, die bis heute auf dem internationalen Kunstmarkt als wegweisend gilt.

Der Titel „Freischwimmer“, der einer Werkserie von Wolfgang Tillmans entnommen ist, von dem beide Sammlungen Arbeiten in ihren Beständen führen und der somit de facto einen exzellenten gemeinsamen Nenner bildet, soll den Beachtungsdrang kenntlich machen, den die Fotografie jahrzehntelang innerhalb der bildenden Kunst suchte und der heute in der öffentlichen Wahrnehmung endlich hinreichend honoriert scheint.

Die „Sammlung Viehof“ tritt unter diesem Namen erst seit dem Jahr 2015 öffentlich auf, als die Brüder Eugen, Michael, Klaus und Bernd Viehof ihren vorhandenen Bestand zeitgenössischer Kunst neu ordneten. Sie führten bisher getrennt verwaltete Kunstbestände zusammen, die sie durch prominente Einzelwerke aus Privatbeständen erweiterten.

Durch ausgewählte Erwerbungen ergänzte und verdichtete die „Sammlung Viehof“ in den darauffolgenden Jahren ihr unverwechselbares und auf das Rheinland bezogenes Profil. Ihr Bestand, der Gemälde, Arbeiten auf Papier, Installationen sowie Fotografie und Videoarbeiten beinhaltet, umfasst rund 1.100 wegweisende deutsche und internationale Avantgarde-Positionen ab den 1950er Jahren bis heute.

Der Familie Viehof, die sich bewusst gegen ein eigenes Ausstellungshaus entschieden hat, ist es ein Anliegen, eng mit Museen und Ausstellungshäusern zusammenzuarbeiten, Werke zur Verfügung zu stellen, Künstler*innen aus der Sammlung zu fördern und das Rheinland als vibrierenden Standort aktueller Kunstproduktion- und präsentation zu unterstützen. In den letzten Jahren realisierte die „Sammlung Viehof“ viel beachtete Ausstellungskooperationen u.a. mit den Deichtorhallen in Hamburg und der Langen Foundation in Neuss.

In der Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve waren folgende Künstler*innen vertreteLothar Baumgarten, Laurenz Berges, Tacita Dean, Thomas Demand, Hans-Peter Feldmann, Fischli/Weiss, Ori Gersht, Dan Graham, Andreas Gursky, Matthias Hoch, Evelyn Hofer, Candida Höfer, Axel Hütte, Jochen Lempert, Zoe Leonard, Sharon Lockhart, Josephine Meckseper, Boris Mikhailov, Peter Piller, Tata Ronkholz, Thomas Ruff, Jörg Sasse, Cindy Sherman, Katharina Sieverding, Beat Streuli, Thomas Struth, Wolfgang Tillmans, Jeff Wall, Christopher Wool, David Zink Yi.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. 

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Als der Kaffeetisch zur Galerie wurde. Keramik um 1930

Museum Kurhaus Kleve, 14.07.2019 – 29.09.2019

Aus Anlass des 100. Bauhaus-Jubiläums zeigte das Museum Kurhaus Kleve 2019 in den historischen Kursälen seine Sammlung von Keramiken aus der Zeit um 1930. In der Ausstellung zu sehen war eine erlesene Auswahl einzelner Formmeister*innen wie u.a. Eva Stricker-Zeisel, Ursula Fesca, Hildegard Delius, Hedwig Bollhagen, Margarete Heymann-Loebenstein, Marguerite Friedlaender-Wildenhain, Theodor Bogler und Alfred Lohse. Ihre skulptural anmutenden und geradezu ikonischen Gebrauchsobjekte entwickelten sich simultan zur bildenden Kunst, deren Abstraktionsgrad um 1930 einen zwar vorläufigen, aber beispiellos spektakulären Höhepunkt erreichte.

Das Bauhaus markierte einen Kristallisationspunkt der Moderne, von dessen Ideen sich vor allem viele Keramikerinnen anstecken ließen. In der seriellen Fabrikation schlägt sich die Entwicklung der Abstraktion in Form und Dekor unmittelbar nieder. In nur einem Jahrzehnt entstand eine für Jahrzehnte gültige neue Sprache, die in der NS-Zeit durch eine „Rebarockisierung“ unterbrochen wurde.

In der Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve stand nicht das einzelne Objekt im Zentrum, sondern eine geordnete Vielfalt und Fülle, in der sich der unmittelbare Niederschlag der Kunst auf die Keramik zeigte. Die Bauhaus-Idee selbst konzentrierte sich nicht auf singuläre Werke, sondern auf die Reproduzierbarkeit, Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit ihrer Produkte vor allem für die „einfachen Leute“. Diesem Denken schritten vor allem die Künstlerinnen und Formmeisterinnen voran, durchaus folgerichtig, da die bis heute kommerziell erfolgreichsten Werkstätten des Bauhauses die der Keramik (und der Weberei) waren.  

Die Exponate dieser Ausstellung stellen eine Komponente der umfassenden „Sammlung Werner Steinecke“ dar, die deutsche Gebrauchs- und Kunstkeramik aus dem Zeitraum von 1905 bis 1935 umfasst. Der Sammler überreichte sie 2011 dem Freundeskreis der Klever Museen, die vom Museum Kurhaus Kleve erstmals 2012 im Rahmen einer Überblicksausstellung gezeigt wurde. Die neuerliche Präsentation nahm der Sammler zum Anlass, die bereits vorhandene repräsentative Sammlung durch eine zweite generöse Schenkung rund um ausgewählte Bauhaus-Keramik zu erweitern.

Die Ausstellung „Als der Kaffeetisch zur Galerie wurde. Keramik um 1930“ wurde durch einzelne Leihgaben dreier deutscher Privatsammlungen ergänzt.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Andreas Schmitten

Museum Kurhaus Kleve, 13.05.2018 – 26.08.2018

2018 zeigte das Museum Kurhaus Kleve die erste museale Einzelausstellung des Konzeptkünstlers und Bildhauers Andreas Schmitten (*1980 Mönchengladbach). Andreas Schmitten ist für seine raumgreifenden und hochkomplexen Installationen bekannt, die sich aus einer Synthese von inhaltlicher Kraft, opulenter Ästhetik und formalem Reiz zusammensetzen. Er inszeniert Figuren, Objekte und Interieurs als lustvolle farbexplosive Bild- und Phantasiewelten.

Archetypische Symbole kombiniert er mit ungeahnten Bildfindungen und installiert sie mit der Ordnung der Mathematik oder unter unmöglichen Gesichtspunkten der Statik. Organische Materialien kombiniert er mit anorganischen – und kokettiert dabei im Nebengang mit ihren konventionellen Einsatzbereichen. Klarheit und Lesbarkeit sind ihm genauso wichtig wie Ästhetik und Opulenz.

Philosophisch und kunsthistorisch gebildet, streift Schmitten in seinem Œuvre wie zufällig künstlerische Strömungen des 20. Jahrhunderts – zu denen der Kubismus ebenso gehört wie das Bauhaus oder der Dadaismus. Sein Hang zum Surrealismus lässt ihn seine eigene Vergangenheit mit der gegenwärtigen Alltagswirklichkeit auf bildhafte, installative Weise verschränken, ohne dabei jemals ins Persönliche, gar Dramatische überzugehen.

Für die Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve ist Andreas Schmitten tief in die Historie des Gebäudes eingetaucht, das im 18. und 19. Jahrhundert als exklusives Kurhaus inmitten barocker Gärten englisches Adelshaus gleichermaßen anzog wie russische Prinzessinnen oder niederländische Landschaftsmaler. Indem er eine regelrechte Märchenwelt aus Skulpturen, Zeichnungen, Aquarellen und raumgreifenden Installationen inszeniert, wagt er sich an den selbstbewussten wie ambitionierten Versuch, das ehemalige Badehaus und -hotel wiederzubeleben. 

Für Kleve kreierte Andreas Schmitten mehrere neue Skulpturen, Zeichnungen und Aquarelle, die ihre Aufstellung sogar im Außenraum des Museums erhielten. Seine höchst eleganten Skulpturen in handwerklicher Perfektion, sogenannte „Badende“, erinnern dabei zum Teil – nicht ohne eine Prise Ironie angesichts des „genius loci“ – an herkömmlich identifizierbare Objekte wie Waschbecken, Weihwasserschalen oder Urinoirs.

Es erschien ein Katalogheft mit Beiträgen von Doris Krystof, Harald Kunde, Andreas Schmitten und Valentina Vlašić und mit Installationsansichten der Ausstellung im Klever Kurhaus, der bei einem Künstlergespräch am  29. Mai 2018 um 19.30 Uhr präsentiert wurde.

Andreas Schmitten gilt als wegweisender junger deutscher Konzeptkünstler und Bildhauer sowie regelrechter „Senkrechtstarter“, der von Museumsleuten gleichermaßen hoch gehandelt wird wie von Künstlerkollegen und Galeristen. Von 2001 bis 2005 studierte er Philosophie und Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, von 2005 bis 2012 Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf.

2008 erhielt er ein Stipendium der Konrad Adenauer Stiftung, Else Heiliger Fond, Berlin. 2009 bekam er ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes, 2011 die Künstlerförderung des DAAD für Los Angeles, USA. 2012 erhielt er den Absolventenpreis der Akademie. Er wurde 2012 mit dem Kunstpreis START am Kunstmuseum Bonn ausgezeichnet, 2013 mit dem Förderpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland und 2017 mit dem Falkenrot Preis des Künstlerhauses Bethanien.

Seither nahm er an Gruppenausstellungen im Kunstmuseum Bonn, im Bonnefanten Museum Maastricht und in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf teil. Er wird u.a. vertreten von den Galerien Schönewald in Düsseldorf und König in Berlin. 2013 gestaltete er die Bar und den Saal des Schmela Hauses für die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf neu. Seine Werke befinden sich bereits in verschiedenen Sammlungen, wie dem Kunstmuseum Bonn, dem Museum Kunstpalast, Düsseldorf, der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, der Tony Cragg Foundation, Wuppertal, und der Philara Sammlung zeitgenössischer Kunst, Düsseldorf.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Hendrick Goltzius & Pia Fries: Proteus & Polymorphia

Museum Kurhaus Kleve, 08.10.2017 – 11.02.2018

Aus Anlass seines zwanzigjährigen Bestehens 2017 präsentierte das Museum Kurhaus Kleve eine Ausstellung, die Passagen seines bisherigen Werdegangs würdigt als auch Vergangenheit und Gegenwart zusammenführt. In einer akzentuierten Werkschau kombiniert es einen bedeutenden Schwerpunkt seiner Sammlung mit einer hoch renommierten Wegbegleiterin. Mehr als vierhundert Jahre trennen das künstlerische Œuvre des Manieristen aus dem späten 16. und dem frühen 17. Jahrhundert, Hendrick Goltzius, und der zeitgenössischen Malerin Pia Fries.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass beide hochkarätigen künstlerischen Positionen sich gemeinsam umfassend gegenüberstehen. Beide eint die Lust an der Metamorphose, weshalb sich Pia Fries im Untertitel der Ausstellung neben den durch Künstlerbiograph Karel van Mander an Goltzius vergebenen Ehrentitel Proteus als sogenannte Polymorphia hinzugesellt – und damit augenzwinkernd Assoziationen an ein fiktives, antik anmutendes Künstlerpaar zulässt.

2017 jährt sich der Todestag des vom Niederrhein stammenden Kupferstechers, Zeichners und Malers Hendrick Goltzius (Bracht 1558-1617 Haarlem) zum 400. Mal. Der großartige Bestand von rund 100 Kupferstichen befindet sich in der Sammlung Angerhausen, einem bedeutenden Konvolut, das 1982 in die Hände der Stadt Kleve gekommen ist und den Bestand alter Kunst des Klever Museums potenzierte. Sie bilden den Grundstock für die erste umfassende druckgraphische Retrospektive seit fünfunddreißig Jahren am Niederrhein, die Hendrick Goltzius im sinnreichen Kontext mit Leihgaben aus Deutschland und den Niederlanden präsentieren wird.

Die international renommierte Malerin Pia Fries (*1955 in Beromünster, Schweiz) war 1997 die erste Künstlerin, die eine Einzelausstellung im Museum Kurhaus Kleve erhielt. Bereits damals zeichneten ihr Œuvre dezidierte Bezüge zur Malereigeschichte aus. Punktgenau zum zwanzigjährigen Jubiläum des Museums kehrt sie zurück, um ihr neuestes malerisches Werk, das sich seit 2010 intensiv mit Hendrick Goltzius beschäftigt, in eine sinnfällige Synthese mit seinen hochkomplexen Bildschöpfungen zu setzen.

Hendrick Goltzius gehört zu den bedeutendsten Kupferstechern, Zeichnern und Malern seiner Zeit. Bereits zu Lebzeiten erhielt er für seine stilistische Raffinesse und technische Brillanz vereinigende Kupferstichkunst bemerkenswerte Würdigungen und Renommee. Als geschäftstüchtiger Verleger war er auf internationaler Bühne tätig und avancierte durch die massenmediale Verbreitung seiner Werke zum Katalysator bedeutender künstlerischer Innovationen des ausgehenden 16. Jahrhunderts.

In seinen Werken bewies Goltzius unnachahmliche Virtuosität und Wandlungsfähigkeit. Karel van Mander (1548-1606), der holländische Künstlerbiograph und Weggefährte, bezeichnete ihn in seinem Schilderboek 1604 einen Proteus der Kunst, der fähig war, „sich in jeden Stil hineinzufinden“. Goltzius’ Oeuvre setzt sich demnach aus einer verblüffenden Synthese aus Eigenem und Fremdem, aus Neuem und Altem, aus der Kunst des Nordens und der des Südens zusammen.

Mit Werken wie den sogenannten Meisterstichen, sechs Szenen aus dem Leben Mariens, die in der Manier von Albrecht Dürer, Lucas van Leyden oder Parmigianino gestochen waren, bewies Goltzius eine chamäleonartige Aneignungsfähigkeit von Stilen und Techniken, die mit der Nachahmung stets das Übertreffen der Vorbilder zum Zwecke hatte. In seiner regelrechten Verwandlungskunst präsentiert sich Goltzius als ein die Kunstgeschichte vollumfänglich reflektierender Künstler, der sich erst hinter den Werken anderer zum Verschwinden bringt, um schließlich als vollendeter Könner aus ihrem Schatten hervorzutreten.

Neben zentralen Arbeiten von Goltzius werden mit Jan Harmensz. Muller (1571–1628), Jan Saenredam (1565–1607), Jacques de Gheyn II. (1565–1629) und Jacob Matham (1571–1631) auch wichtige Künstler aus seinem Umkreis vertreten sein.

Pia Fries gehört zu den großen Malerinnen unserer Zeit, deren Werk in internationalen Kunstmuseen auf der ganzen Welt zu finden ist. 2017 erhält sie als erste weibliche Künstlerin den Gerhard-Altenbourg-Preis, der herausragende Lebenswerke von Gegenwartskünstlern würdigt. Als Begründung bezeichnete sie das Kuratorium u.a. als eine Vertreterin der reinsten Malerei, die ein besonders kreativer Umgang mit Farbe auszeichne.

In ihrem Œuvre zitiert Pia Fries Vorbilder aus der Kunst- und Kulturgeschichte, deren vorgefundene Motive oder Muster sie in ihrer furiosen gegenstandslosen Malerei dynamisch verarbeitet. Seit 2010 beschäftigt sie sich mit Fragmenten aus den Kupferstichen des manieristischen Meisters Hendrick Goltzius. Eingangs widmete sie sich seinem ikonischen Fahnenschwinger (1587), der geradezu stolzierenden Figur eines jungen Fahnenträgers an der Front einer Armee, dessen wallende Fahne – ein Erkennungszeichen in einer Schlacht, das nicht vom Feind erobert werden durfte – mehr als zwei Drittel des Bildes einnimmt.

Jüngst liegt ihr Fokus auf den Himmelstürmern (1588), einer Serie von vier Kupferstichen mit den mythologischen Gestalten Tantalus, Ikarus, Phaethon und Ixion, die bei Goltzius in einer Momentaufnahme des Fallens im taumelnden Kampf gegen die Erdanziehung dargestellt sind. Alle damit einhergehenden Assoziationen – Verlust, Schmerz oder Tod, aber auch Freie, Leichtigkeit oder Unabhängigkeit – potenziert sie mit den Mitteln ihrer Malerei.

Das ist für mich der bildende, schöpferische Prozess, der ‘Polymorphia’ bedeutet: Ich nehme das zum Sinnbild Gewordene, betrachte es aus meiner heutigen Sicht und lasse es ‘neu werden’“, sagt Pia Fries.

Alt und neu gehen in ihren Bildern eine produktive Verbindung ein, sie katapultieren alte Bestände schlagartig in eine neue, moderne Sehweise voll malerischem Furor, hoher Farbkraft und radikalem Ausdruck. Pia Fries widmet sich Aspekten wie der Schraffur der Kupferstiche, dem Rhythmus der Bilder, der Anatomie der Körper oder dem Ausbruch starker Emotionen – wie etwa der Angst der Dargestellten im Moment des Fallens. Sie entwickelt ihre Bilder aus den Farben, aus den Linien und aus den Gegebenheiten. Abbildhaftes rigoros ausklammernd, schafft sie intensive Farbkörper und Linienstränge, die aus dem Bild heraus- oder in das Bild hineinführen, und visualisiert Kräfte, die nach innen oder außen drängen.

Auf ihren Bildkörpern, die je nach Format auch am Boden liegen, arbeitet sie mit Pinsel, Spatel, Messer, Kämmen oder Rechen. Farbe schüttet sie gezielt oder formt sie zu Farbpasten. Eingetrocknete Partien schabt sie wieder ab oder zerkratzt sie mit dem Messer – um die Quintessenz zum Vorschein zu bringen. Dreidimensional wirkende Farbbereiche kombiniert sie mit Freiflächen und ergänzt sie mit Siebdruckelementen und Collagetechniken.

Pia Fries studierte von 1977 bis 1980 an der Kunstgewerbeschule Luzern und von 1980 bis 1986 an der Kunstakademie Düsseldorf, wo sie 1986 als Meisterschülerin von Gerhard Richter ihr Studium abschloss. Seither übte sie verschiedene Lehraufträge aus, zunächst in Düsseldorf, später übte sie dann Professuren in Karlsruhe, Berlin und seit 2014 in München aus. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Von Haltung und Leidenschaft: Werke aus 500 Jahren Kunstgeschichte – Die Sammlung Wörner

Museum Kurhaus Kleve, 23.10.2016 – 29.01.2017

2016 / 2017 präsentierten das Museum Kurhaus Kleve und das Museum B.C. Koekkoek-Haus die bedeutende Sammlung Wörner. Die hochkarätige, nahezu enzyklopädische und in ihrem vollen Umfang bislang unbekannte Privatsammlung ist 2015 als Vermächtnis an den Freundeskreis der Klever Museen gegangen. Sie stellt einen Querschnitt europäischer Kunstgeschichte dar, ergänzt um einzelne außereuropäische Bereiche.

Die Sammlung Wörner umfasst rund 5.000 Werke: Gemälde, Graphiken, Skulpturen und Kunstgewerbe des überwiegend intimen häuslichen Formats. Sie umfasst u.a. mittelalterliche Miniaturen und Inkunabeln, asiatische Holzschnitte und Tuschezeichnungen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, Altmeisterzeichnungen mit einem Schwerpunkt auf dem Barock und Rokoko, Gartenstiche und Rheinansichten aus dem 17. bis 19. Jahrhundert ebenso wie Vogel- und Pflanzenstiche, Kleinbronzen und Gläser des Jugendstils, Druckgraphik des 20. Jahrhunderts, abstrakte und informelle Gemälde und Arbeiten auf Papier aus den 1950er und 60er Jahren (u.a. Heinz Mack, Hann Trier, Otto Piene, Günther Uecker, Bernhard Schultze, Arnulf Rainer) sowie Kleinplastiken des 20. Jahrhunderts (u.a. Emil Nolde, Käthe Kollwitz, Renee Sintenis, Gerhard Marcks, Ewald Mataré).

Die Sammlung Wörner beeindruckt einerseits durch ihre Vielfalt, andererseits durch ihre mit großer Akribie zusammengestellten Einzelbereiche. So befindet sich in der Sammlung Wörner eine einzigartige Kollektion an Gartenstichen, die alle Gattungen – von den spätmittelalterlichen Klostergärten über die Gärten der Renaissance und des Barock bis hin zu den historischen Parks des ausgehenden 19. Jahrhunderts – umfasst. Ebenso besitzt die Sammlung Wörner eine bedeutende Kollektion an Altmeisterzeichnungen des Barock und des Rokoko, die von Entwürfen für Kirchen- und Klosterfresken bis hin zu eigenständigen Blättern reichen. Sie umfasst sowohl die schnelle Skizze, als auch die Reinzeichnung oder die goldgehöhte Miniatur und gibt ein eindrucksvolles Zeugnis des Lebens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert – vom gottgefälligen Glauben bis zur Liebe für die Antike – wieder. Desgleichen beinhaltet die Sammlung Wörner ein bedeutendes Konvolut von Arbeiten auf Papier der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Dieser Schatz und kostbare Fundus von hoher kunsthistorischer Relevanz wird jetzt zum ersten Mal in einer solchen facettenreichen Geschlossenheit der Öffentlichkeit präsentiert. Sie zeugt vom fachkundigen Gespür der beiden Sammler, Rose und Gustav Wörner, und ist bildhaft gewordener Ausdruck einer Liebe und Hingabe zur Kunst. Gustav Wörner (1932-1997) war in diesem sich glücklich ergänzenden Duo der begeisterte Motor, der sich spontan in Werke verlieben konnte und den Drang, diese zu besitzen, direkt umsetzte. Rose Wörner (1927-2015) war die reflektierende Persönlichkeit, die im Nachgang mit großer Sorgfalt und Liebe jedes Blatt der Sammlung beschriftete, passepartourierte und thematisch in Mappen einsortierte. Beide lebten mit der Kunst, öffneten für interessierte Besucher die Mappen und Schränke voller Schätze, betrachteten sie gemeinsam, sogen sie in sich auf, um dadurch eine geistige Stimulation zu erfahren.

Rose und Gustav Wörner haben die Liebe zur Kunst über ihren Beruf als Garten- und Landschaftsarchitekten gefunden. Die Eheleute gelten als Pioniere der Gartendenkmalpflege in Deutschland. Zusammen über dreißig Jahre in einem Büro tätig, restaurierten sie gemeinsam zahlreiche Schloss- und Parkanlagen im gesamten Bundesgebiet (u.a. Berliner Tiergarten, Schloss Benrath, Schloss Brühl, Schloss Moyland). Ihr Leben widmeten sie der intensiven Erforschung, Erhaltung und Pflege des Gartenkulturellen Erbes Deutschlands.

Den Kontakt zum Klever Museum fanden sie über ihren Beruf. Seit der Mitte der 1970er Jahre waren sie mit der Restaurierung und Wiederherstellung der fast unkenntlich gewordenen Klever Gärten beauftragt, parallel zu dieser Tätigkeit entwickelte sich zwischen den Sammlern und dem Leiter des Klever Museums, Guido de Werd, eine tiefe Freundschaft und Verbundenheit, die Zeit ihres Lebens währte. Rose und Gustav Wörner verfolgten die Ausstellungen mit großer Freude und Aufmerksamkeit, mit denen sie viele Gemeinsamkeiten mit ihrer eigenen Sammlung erkannten. Kinderlos geblieben, äußerten sie bereits Ende der 1980er Jahre die Absicht, nach dem Tode ihre Sammlung dem Klever Museum zu stiften.

Gustav Wörner starb im Februar 1997, unerwartet, wenige Monate vor der Eröffnung des von ihm ersehnten neuen Städtischen Museums, des Museum Kurhaus Kleve. Im Dezember 2012 verwirklichte Rose Wörner das gemeinsame Vorhaben der Eheleute und vermachte ihre Sammlung dem Freundeskreis der Klever Museen. Mit ihrem Tod am 9. März 2015 wurde die Schenkung an das Museum Kurhaus Kleve und das Museum B.C. Koekkoek-Haus vollzogen.

Ausstellung & Publikation

Die Ausstellung wurde, den Schwerpunkten der beiden Häuser entsprechend, parallel in den beiden Klever Museen präsentiert. Das Museum B.C. Koekkoek-Haus wird sich auf die Kunst des 19. Jahrhunderts spezialisieren: die Garten-, Vogel- und Pflanzenstiche.

Das Museum Kurhaus Kleve wird die Bereiche davor und danach präsentieren: die mittelalterlichen Miniaturen und Inkunabeln, die asiatischen Holzschnitte, die Barockzeichnungen, Jugendstilvasen, Gemälde, Kleinplastiken und Graphiken des 20. Jahrhunderts. Durch spezielle Themenräume soll den Besuchern nicht nur die Kunst im Spiegel der Jahrhunderte näher gebracht, sondern auch ein Gefühl der spezifischen Sammlersituation der Wörners vermittelt werden. Es entstehen, im Sinne der Kunstsalons des 18. und 19. Jahrhunderts, Kabinette für die Kunst, die den Besuchern die Raumsituation des Hauses der Wörners in Wuppertal veranschaulichen sollen.

Aus Anlass der Ausstellung wurde eine Publikation herausgegeben, die die enzyklopädische Breite der Sammlung Wörner beschreibt. In den letzten fünfundzwanzig Jahren haben die Klever Museen einzelnen Bereichen der Sammlung Wörner bereits Ausstellungen mit begleitenden Publikationen gewidmet: 1.) „Farbräume und Bildstrukturen. Arbeiten auf Papier deutscher Künstler von 1950 bis heute“ (Städtisches Museum Haus Koekkoek, 1995), 2.) „Miniaturen und Inkunabeln“ (Museum Kurhaus Kleve, 1998), 3.) „Kleinplastik des 20. Jahrhunderts“ (Museum Kurhaus Kleve, 1998), 4.) „Gartenlust. Europäische Gartenkunst in alten Ansichten 1600-1900“ (B.C. Koekkoek-Haus, 2004) und 5.) „Rotes Quadrat und schwarze Rakete. Druckgraphik aus einer Privatsammlung“ (Museum Kurhaus Kleve, 2011). Der Facettenreichtum der Sammlung ist im Bestandskatalog des Museum Kurhaus Kleve, „Mein Rasierspiegel. Von Holthuys bis Beuys“ (Museum Kurhaus Kleve 2012) angedeutet.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Joseph Beuys – Werklinien

Museum Kurhaus Kleve, 01.05. – 04.09.2016

Joseph Beuys (1921-1986) gehört zu den wichtigsten und folgenreichsten Künstlern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Durch Aufsehen erregende Installationen und Aktionen wie beispielsweise „Honigpumpe am Arbeitsplatz“, „7000 Eichen“ oder das „Büro für direkte Demokratie für Volksabstimmung“ hat Beuys den Kunstbegriff nachhaltig geprägt und das utopische Potential jeder künstlerischen Tätigkeit untrennbar an den als Plastik begriffenen „Sozialen Organismus“ gebunden. Durch den „Parallelprozess von Kunst und Leben“ wurde jegliche akademische Trennung aufgehoben und die künstlerische Tätigkeit in das Spannungsfeld zwischen Alltag und Utopie integriert.

Von 1957 bis 1964 besaß Joseph Beuys sein Atelier im damals leer stehenden Klever Kurhaus, in einer Zeit, die künstlerisch als Scharnier zwischen seinem frühen, stark von seinem Lehrer Ewald Mataré beeinflussten Werk und dem bahnbrechenden Schaffen der 1960er und 1970er Jahre gilt. Nachdem Beuys das Atelier aufgrund seiner Berufung an die Düsseldorfer Kunstakademie verlassen hat, wurde das Gebäude in den 1980er Jahren saniert und die Räume alternativ genutzt. Als das Museum Kurhaus Kleve 1997 seine Pforten öffnete, befand sich in dem Gebäudeteil des alten Kurhauses das Archiv der Stadt Kleve. Als dieses aufgrund von Raumnot 2006 an einen anderen Standort wechselte, sah das Museum die Chance, die originalen Räume des Künstlers wiederherzustellen. 

Die Rückführung gelang in einem langwierigen Prozess und durch mannigfaltige Unterstützung im Zeitraum 2008 bis 2012. Seit September 2012 ist das rekonstruierte Atelier von Beuys wieder im Museum Kurhaus Kleve öffentlich zugänglich.

2016 war der 30. Todestag und 95. Geburtstag von Joseph Beuys. Diese Jubiläen nahm das Museum Kurhaus Kleve zum Anlass, um mit Objekten aus der Sammlung und mit Leihgaben eine Ausstellung zu realisieren, die sich zum ersten Mal rund um die originalen Räume auf die wichtigsten Werkgruppen fokussierte, die dort entstanden sind. Dabei wurden symptomatische Werklinien verfolgt, die von den Anfängen bis zum Spätwerk reichen. 

Die Ausstellung „Joseph Beuys – Werklinien“ konzentrierte sich auf mehrere Schwerpunkte, die eng mit dem Klever Umfeld dieser Jahre verbunden waren: dem „Büdericher Ehrenmal“, den Werken um Anacharsis Cloots und der „Straßenbahnhaltestelle“ sowie „4 Bücher Aus: Projekt Westmensch“.

Beim „Büdericher Ehrenmal“ handelt es sich um das einzige von Joseph Beuys im öffentlichen Raum zu Lebzeiten realisierte Monument. Beuys hatte 1955 bei einer öffentlichen Ausschreibung einen Entwurf für das Ehrenmal für die Gefallenen beider Weltkriege eingereicht. Im Mai 1957 erhielt er den Zuschlag – zu einem Zeitpunkt, als er sich auf dem Hof der Gebrüder van der Grinten von einer schweren Krise erholte. Um die Arbeit am Ehrenmal umsetzen zu können, mietete er sich Räume im leer stehenden Kurhaus an. Diese Phase markiert einen Neubeginn seines Schaffens. 1959 fand die Einweihung seines Ehrenmals im alten Kirchturm in Büderich statt. Für die Ausstellung 2016 wurden zum ersten Mal überhaupt alle Teile dieses monumentalen Werks, unabhängig von ihrem Aufstellungsort, im Museum Kurhaus Kleve zu sehen sein – dem Ort ihres Ursprungs.

Seit frühester Jugend war Joseph Beuys von der historischen Figur des Barons zu Cloots fasziniert, der im Umfeld der französischen Revolution als „Anacharsis Cloots“ nach Paris ging und sich dort als „Redner des Menschengeschlechts“ profilierte. Beuys empfand ihn deshalb als revolutionären Bruder im Geiste und nahm in seinem Werk immer wieder Bezug auf ihn, insbesondere auf sein heroisches Ende 1794 unter der Guillotine. Sein abgeschlagener Kopf begegnet späterhin in berühmten Installationen wie etwa der „Straßenbahnhaltestelle“ (heute Kröller-Müller-Museum, Otterlo), die er auf der Biennale in Venedig 1976 zeigte, oder auch in „Palazzo Regale“ (heute Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen), seinem letzten umfangreichen Werk, das heute gemeinhin als sein Vermächtnis gilt. 

Das diesen Installationen zugrunde liegende Unikat des Kopfes befindet sich als Leihgabe der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf im Museum Kurhaus Kleve und bildete – neben der originalen „Straßenbahnhaltestelle“ aus dem Kröller-Müller-Museum, Otterlo – ein zentrales Element dieser Ausstellung.

Die „4 Bücher Aus: Projekt Westmensch“ bildeten den dritten Schwerpunkt der Ausstellung. Das in ihnen enthaltene umfassende zeichnerische Werk erkundet Polaritäten wie Wärme und Kälte oder Form und Antiform, die für das spätere Werk von Beuys richtungsweisend geworden sind und für die hier ein dichter linearer Ausdruck gefunden wurde. In der Verschränkung von künstlerischen, wissenschaftlichen und sozialen Erwägungen findet Beuys hier eine erste gültige Form für sein komplexes Denken, das später in den „Erweiterten Kunstbegriff“ münden wird. Diese vier Bücher umfassen mehr als tausend Seiten und geben einen unmittelbaren Einblick in sein Schaffen über einen Zeitraum von sieben Jahren. Beuys selbst datiert die Kladden in das Jahr 1958.

Durch das Zusammenwirken der Schwerpunkte Skulptur, Zeichnung und Installation wurde in dieser Ausstellung ein intensiver Einblick in das künstlerische Frühwerk von Joseph Beuys ermöglicht, das er am nun wieder zugänglichen Originalschauplatz des Klever Ateliers entwickelt hat.

Es war das erste Mal nach über fünfzig Jahren sein, dass das Kreuz und die Tore des Ehrenmals von Beuys vom Alten Kirchturm in Büderich – nach deren Aufstellung im Jahr 1959 – in Kleve an ihrem Entstehungsort zu sehen waren.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Govert Flinck – Reflecting History / mit einer künstlerischen Intervention von Ori Gersht

Museum Kurhaus Kleve, 04.10.2015 – 17.01.2016

Der Klever Govert Flinck (1615-1660) war einer der am meisten gefeierten Maler seiner Zeit in Amsterdam und einer der herausragendsten Porträtisten des Goldenen Zeitalters holländischer Malerei. Noch heute wird er als einer der berühmtesten und begabtesten Schüler Rembrandts angesehen. Zu Lebzeiten war sein Ruhm größer und übertraf den seines Lehrmeisters bei weitem. Zu seinen Auftraggebern zählte nicht nur das Amsterdamer Patriziat und Magistrat, sondern auch das Haus Oranien, das Haus Brandenburg und der klevische Statthalter Johann Moritz von Nassau-Siegen.

Sein 400. Geburtstag im Jahr 2015 bildete für das Museum Kurhaus Kleve den Anlass, das Werk von Govert Flinck in einer umfassenden Ausstellung zu würdigen, die die erste Retrospektive seit über fünfzig Jahren darstellte. Sie beleuchtete sein facettenreiches Werk sowie seine Nähe und Abhängigkeit zu Rembrandt als veranschaulichte auch seine Entwicklung zu einem künstlerisch eigenständigen und erfolgreichen Maler.

Sowohl an der Biographie als auch an dem überragenden Schaffen von Govert Flinck lässt sich die große Anziehungskraft und Bedeutung Amsterdams in dieser Epoche nachvollziehen. Nach 1600 entwickelte sich dort eine beachtenswerte Kunstszene, die eine große Anzahl bedeutender Maler hervorgebracht hat – zu denen auch Govert Flinck zählt.

Govert Flinck genoss zu Lebzeiten eine höhere Reputation als Rembrandt selbst – insofern kann sein Werk als exemplarisches Beispiel hinsichtlich des Wandels ästhetischer Bewertungskriterien gelesen werden. Aufgrund seiner Vernetzung in den führenden gesellschaftlichen Kreisen erhielt Flinck umfangreiche Porträtaufträge, bei deren Realisierung er die Grenzen dieser Gattung souverän auslotete, ohne sie aber jemals zu überschreiten – wie sein Lehrer Rembrandt.

Genau an diesem Punkt setzte der israelische Video-Künstler Ori Gersht (*1967 in Tel Aviv) an, der die Strukturen und Ausprägungen des Flinck‘schen Werks in Hinblick auf den Gehalt an künstlerischer Freiheit untersuchte und zu seiner eigenen Position ins Verhältnis setzte. Der seit 1988 in London lebende Künstler Ori Gersht hat sich bereits in vorangegangenen Projekten mit der Ästhetik und Struktur historischer Malerei auseinandergesetzt – beispielsweise mit den faszinierenden Stillleben von Juan Sanchez Cotàn – und sie in eine gegenwärtige Wahrnehmung transformiert. Zwei von Ori Gersht eigens für Kleve geschaffene Werkgruppen zum Thema des historischen Porträts haben die Bilder von Govert Flinck begleitet und die zeitgenössische künstlerische Rezeption der Altmeistergemälde möglich gemacht.

Die Ausstellung und der begleitende Katalog haben einen neuen und seit langem überfälligen Blick auf das Werk des deutsch-niederländischen Barockmalers Govert Flinck ermöglicht. Dabei stand insbesondere sein Verhältnis zu Rembrandt und seine Einbindung in die gesellschaftlichen Hierarchien der Auftraggeber im Zentrum der Darstellung.

Für die Ausstellung in Kleve kamen kostbare Leihgaben aus der ganzen Welt nach Kleve – aus der Leiden-Collection New York, dem Rijksmuseum Amsterdam, dem Mauritshuis Den Haag, dem Sinebrychoff Museum Helsinki, dem Museum de Lakenhal Leiden, dem Musée des Beaux-Arts Nantes, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Potsdam, der Staatsgalerie Stuttgart und vielen weiteren internationalen Museen.

Durch die Einbindung des israelisch-britischen Videokünstlers Ori Gersht wird zugleich die Frage nach der Relevanz dieser nobilitierenden Porträtmalerei für uns Heutige gestellt und in analytisch-künstlerischer Weise vor Augen geführt.

Es erschien ein Katalog in zwei Sprachen (Deutsch und Englisch), der in wissenschaftlicher und essayistischer Weise den aktuellen Stand der Govert Flinck-Forschung abbildet. Dafür konnten internationale Experten des 17. Jahrhunderts als Autor*innen gewonnen werden.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Ewald Mataré: Die Berliner Jahre. Das Frühwerk

Museum Kurhaus Kleve, 29.03. – 28.06.2015

2015 jährte sich zum 50. Mal der Todestag des wichtigsten Künstlers in der Sammlung des Museum Kurhaus Kleve: Ewald Mataré (1887-1965). Mataré ist ein bedeutender Vertreter der Klassischen Moderne und zählt zeitlich gesehen zur zweiten Generation der deutschen Expressionisten. Im Dritten Reich galt er als „entartet“. Nach dem Krieg und bis zu seinem Tod 1965 war er hoch angesehen, nicht nur als Professor an der Akademie in Düsseldorf, sondern auch als Bildhauer. Er realisierte im Deutschland der Nachkriegsjahre Aufträge im In- und Ausland. Er schuf die Südportale des Kölner Doms, Portale am Salzburger Dom und an der Weltfriedenskirche in Hiroshima ebenso wie das Westfenster am Aachener Dom. 

Matarés Tierdarstellungen, bei denen die Kuh eine zentrale Rolle hat, nehmen in der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts einen singulären Platz ein. Seine Werke zeichnen eine absolute Klarheit in der Form und eine unerschöpfliche Erfindungskraft aus. 

Der Nachlass von Ewald Mataré bildet das Fundament für die moderne und zeitgenössische Sammlung des Museum Kurhaus Kleve, das auch in seinem Namen auf den bedeutenden Künstler hinweist: „Ewald Mataré-Sammlung“.  

Das Auffinden des „Toten Kriegers“ 1977 in Kleve, eines 1932 in Auftrag gegebenen und erst 1934 eingeweihten Mahnmals für die Opfer des Ersten Weltkriegs, das 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde, führte zu einem intensiven Kontakt mit der Familie Mataré, der 1988 in der Übergabe des Nachlasses und 1997 in der Eröffnung des Museum Kurhaus Kleve – Ewald Mataré-Sammlung mündete. Die Präsentation und wissenschaftliche Aufarbeitung seines facettenreichen Werks und Nachlasses gehören seitdem zu den Grundpfeilern der Arbeit des Museums.  

Der 50. Todestag von Ewald Mataré 2015 bildete für das Museum Kurhaus Kleve daher den Anlass, mit Objekten aus der Sammlung und mit Leihgaben aus ganz Deutschland eine umfassende Ausstellung einzurichten, die sich erstmalig auf seine frühen Jahre von 1907 bis 1932 konzentrierte. Hierbei wurde der Fokus nicht nur auf den Bildhauer und Graphiker, sondern zum allerersten Mal auch auf den Maler Ewald Mataré gerichtet: Erstmals überhaupt war das noch nie gezeigte und weitgehend unbekannte malerische Frühwerk des Meisterschülers von Arthur Kampf zu sehen! Mataré hat es 1920 / 1922 verworfen, als er zum Holzschnitt und über diesen zur Plastik fand. 

Die Ausstellung skizzierte ein Bild der frühen Jahre, von Matarés Weggang aus Aachen nach Berlin, bis hin zu seiner Rückkehr in das Rheinland 1932, als er auf Drängen von Paul Klee zum Professor für Bildhauerei an der Düsseldorfer Akademie berufen wurde. 

Zur Ausstellung ist ein umfassender, reich bebilderter Katalog erschienen, der einen umfassenden Aufsatz zu den jeweiligen Aspekten und Themen der Ausstellung enthält. Darüber hinaus sind alle Werke abgebildet und wissenschaftlich beschrieben. 

Der 50. Todestag von Ewald Mataré 2015 bildete für das Museum Kurhaus Kleve auch den Anlass zur Herausgabe eines gültigen Catalogue Raisonné, der eine große Lücke in der Erforschung seiner Arbeit schließen soll: das Werkverzeichnis der Aquarelle. Das erste Werkverzeichnis der Aquarelle legte vor über dreißig Jahren Ulrike Köcke vor („Ewald Mataré: Aquarelle 1920-1956, hrsg. v. Anna Klapheck, München 1983“). Die Publikation ist restlos vergriffen und zudem in vielen Punkten korrektur- und ergänzungsbedürftig. 

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Tara Mahapatra – In the Dark of Light

Museum Kurhaus Kleve, 26.10.2014 – 25.01.2015

2014 feierte die Kunststiftung NRW ihr 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass ermöglichte sie 25 ausgewählten Museen das Zusammentreffen mit 25 internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Für das Museum Kurhaus Kleve ausgesucht wurde Tara Mahapatra (geb. 1970, lebt und arbeitet in Berlin und New York).

Für ihre Ausstellung „In the Dark of Light“ nahm die Künstlerin Joseph Beuys‘ Skizzenbücher „Projekt Westmensch“, die zwischen 1958 und 1964 in seinem Atelier im Klever Kurhaus entstanden sind, zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit. In diesen frühen Aufzeichnungen entwickelte Beuys viele der grundlegenden Konzepte und Ideen seiner späteren Arbeiten. Dazu gehört die Metamorphose, deren Deutung Beuys aus den Lehren des Johann Wolfgang von Goethe hergeleitet hat. 

In seiner botanischen Schrift „Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären“ (1790) beschreibt Goethe die Prinzipien der Entwicklung von Pflanzen, wobei er den dynamischen Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehung als wesentlich für alles Leben ansieht. Im Samen beobachtet er den höchsten Grad der Zusammenziehung, in den Blättern erfolgt die erste Entfaltung, die Frucht entsteht durch die letzte Ausdehnung, und enthält wiederum die Samen in höchst zusammengezogenen Zustand – die diesen Zyklus wieder fortführen.

In „Projekt Westmensch“ hat Beuys Goethes Metamorphosenbegriff weiter entwickelt und auf anthropologische und soziologische Prozesse ausgeweitet, wobei er sowohl belebte und unbelebte Objekte, als auch materielle und immaterielle Kräfte mit einbezogen hat.

Während seiner gesamten Laufbahn als Künstler verwendete Beuys häufig den Ausdruck „Bildekräfte“ – die Idee einer gestaltenden Kraft, die Veränderung hervorruft. Das Konzept der Metamorphose blieb ein zentraler Bestandteil seiner Zeichnungen, Installationen und Performances.

Von Beuys und Goethe inspiriert, hat Tara Mahapatra in „In the Dark of Light“ das Phänomen der Metamorphose weiter untersucht. Obwohl sie auch von der Pflanzenwelt ausgegangen ist, beschäftigten sich die Werke in ihrer Ausstellung vor allem mit der Metamorphose des Geistes. Gedanken und Sinneseindrücke sind auf einer bestimmten Ebene weder persönlich, noch psychologisch, sie können als vorpersönliche Affekte verstanden werden, oder als „Archetypen“ des kollektiven Unbewussten, wie C.G. Jung sie nennt.

Solche archetypischen Träume, Symbole, Bilder und Empfindungen tauchen in Berichten von Individuen aus aller Welt auf – seien es moderne, primitive, kapitalistische, sozialistische oder archaische Gesellschaftsformen. Das lässt die Vermutung zu, so Mahapatra, dass die Welt trotz ihrer offensichtlich fragmentierten Natur vielleicht doch universale Phänomene zu bergen vermag.

Im Museum Kurhaus Kleve waren rund vierzig Zeichnungen aus schwarzer Tinte auf Papier und drei Videoinstallationen zu sehen – Werke, die zugleich von vibrierender Intensität als auch von poetischer Tiefe geprägt sind. Zur Ausstellung erschien ein Katalog und eine Edition.

Die Ausstellung ist eine Initiative

Mit freundlicher Unterstützung

  • Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. (www.freunde-klever-museen.de)
  • Sparkasse Kleve – Premium-Partner des Museum Kurhaus Kleve (www.sparkasse-kleve.de)
  • The Rilano Hotel Cleve City (www.rilano-hotel-kleve.de)
  • WDR3 – Kulturpartner des Museum Kurhaus Kleve (www.wdr3.de)

Johannes Wald: Geste und Gefühl / attempts at forming appropriate finds

Museum Kurhaus Kleve, 16.03. – 09.06.2014

Schöpferische Kraft liegt in der Idee, die Ausführung folgt zweitrangig, lautet eine Maxime von Johannes Wald, einem jungen aufstrebenden Künstler, dem das Museum Kurhaus Kleve seine erste museale Einzelausstellung in Nordrhein-Westfalen widmete.

Johannes Wald (1980 in Sindelfingen geboren) hat an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe studiert und war Meisterschüler von Harald Klingelhöller. Er lebt und arbeitet in Berlin. 2013 hat er im Albertinum in Dresden den 10. Ernst Rietschel-Kunstpreis für Bildhauerei entgegengenommen. Johannes Wald ist ein Konzeptkünstler, der sich mit bildhauerischen Aspekten und dem Gedankengut klassischer Skulpturenlehre beschäftigt. Seine Themen rangieren um traditionelle künstlerische und kunsthistorische Prozesse und Themen – der Formensprache von Skulptur etwa, dem Bild der Muse in der antiken Mythologie oder schlichtweg dem Vorgang des Bronzegießens.

Die künstlerische Umsetzung seiner Werke geschieht oft rein konzeptuell. Auf ein minimales Blatt Papier druckt er mit altmodischem Bleisatz die Beschreibung der Modellierung einer Skulptur – die dann schließlich in doppeltem Sinne vorhanden ist: als Text auf dem Blatt und durch die literarische Form der Ekphrasis. Negativformen und Gusskanäle – normalerweise Abfallprodukte des Bronzegussprozesses – erlangen eigenständigen Werkstatus, wodurch Johannes Wald ungewöhnliche Stadien im Herstellungsprozess der Skulptur aufzeigt. 

Johannes Wald formt Skulptur auch durch Illusion: als Dia-Projektion eines antiken Faltenwurfs auf einer glatten Marmorplatte, die plötzlich wie behauen wirkt. Eine Gliederpuppe unter einem weißen Laken oder ein einzelner abgetrennter Arm lassen den Betrachter physische Form und Körperlichkeit erahnen.

Die Präsentation der Werke von Johannes Wald im Museum Kurhaus Kleve erfolgte erstmals ausschließlich im Friedrich-Wilhelm-Bad, im neuen Innenhof und in den historischen Kursälen, wo dem Betrachter grundsätzlich neue Seherfahrungen begegnen werden. Zur Ausstellung erschienen ein Katalog und eine Edition.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Astrid Nippoldt – Oakwood

Museum Kurhaus Kleve, 29.09.2013 – 02.02.2014

Astrid Nippoldt (geb. 1973 in Gießen) zählt zu den bemerkenswertesten Video-Künstlerinnen ihrer Generation. Im Museum Kurhaus Kleve wurde ihre neue mehrteilige Arbeit „Oakwood“ gezeigt, mit der sie ihre Werkreihe zu verwunschenen Orten und projizierten Träumen fortsetzte. Die Ausstellung umfasste die beiden Videos „Oakwood“ und „My Day“ sowie verschiedene Photoarbeiten.

„Oakwood“ handelt von der gleichnamigen Wohnanlage für Expatriates und ihre Familien in Peking: eine künstliche Welt, die ihre Bewohner so gut wie nie verlassen, weil sie in ihr alles finden, was sie brauchen, von Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu Freizeiteinrichtungen und Sportanlagen. Die urbane und soziale Realität, in die die Wohnanlage eingebettet ist – die Realität der pulsierenden und von inneren Spannungen erfüllten Hauptstadt Chinas – wird fast komplett ausgeblendet.

Das Video „Oakwood“ erkundet aus der Perspektive eines ziellos herumstreunenden Menschen oder eines Insekts den zum Gebäude gehörenden Garten bei Nacht. „My Day“ indes zeigt den Blick aus einer der Wohnungen auf ein tristes Panorama von Hochhäusern, über dem Zeile für Zeile die Beschreibung des Tagesablaufs eines Angehörigen einer Expatriate erscheint – eine Beschreibung, die von Routine und Langeweile bestimmt wird.

In ihren Videoarbeiten spürt Astrid Nippoldt immer wieder seltsame Orte auf, schafft absurde Szenen oder atmosphärisch aufgeladene Zwischenmomente. Wenn ihre Bilder im einen Moment eine fast magische Kraft und Verführungsmacht ausstrahlen, so scheinen sie sich im nächsten zurückzuziehen, drohen sich aufzulösen und zu verschwinden. Traum und Alptraum liegen dicht beieinander, sichere Urteile geraten ins Schwimmen, und es scheint unmöglich zu sein, bindende Aussagen zu treffen – eine Erfahrung, die für Nippoldts Schaffen konstitutiv ist: „Dürrenmatt hat mich beeindruckt mit dem Satz, dass – sinngemäß – wirklich ist, was du denken kannst. Dazu kommt meine Erfahrung, keine eindeutigen Aussagen treffen zu können. Denn meist ist auch das Gegenteil als Wahrheit tauglich. Das hat mich eine Zeit lang rasend gemacht. Ich bin dem Absehbaren, Systematischen, Eindeutigen nie auf die Spur gekommen, sondern stets am Widerspruch gescheitert, am Haken an der Sache, am Dilemma.“ (Astrid Nippoldt im Gespräch mit Susanne Pfeffer, 2006)

In der Kopplung von Seh(n)sucht und Gefährdung erweist sich Astrid Nippoldt als Bildromantikerin, die gleichermaßen perfektionistisch wie emotional fasziniert nach den Momenten sucht, an denen die rationale Verfügbarkeit über das Bild erlischt. Gerade weil sich Nippoldts Werke durch eine hohe handwerkliche wie inhaltliche Genauigkeit auszeichnen, wirkt der Sprung der Bilder ins Offene und Ungesicherte niemals kitschig oder sentimental. Zur Ausstellung erschienen ein Katalog und eine Edition.

Die Ausstellung wurde gefördert

Balnea – Architekturgeschichte des Bades

B.C. Koekkoek-Haus Kleve, 17.02.2013 – 22.09.2013

Die Ausstellung „Balnea – Architekturgeschichte des Bades“ befasste sich mit allen wichtigen Aspekten der Bäderarchitektur des 17. bis frühen 20. Jahrhunderts. Das Baden nahm ab dem 17. Jahrhundert in der Entwicklung von Gesellschaft und Kultur eine wichtige und weitaus bewusstere Rolle ein.

Die Kur entstand, zu der sich Menschen in eigens gebauten Badeanstalten und -häusern trafen, um Körperhygiene in stehendem und / oder fließendem Wasser zu zelebrieren.

Um Körperkultur und Badevergnügungen in idealer Weise in Einklang zu bringen, entstanden in Kurorten wie Baden-Baden, Bad Kissingen und Karlsbad völlig neue Raum- und Bautypen – wie Brunnenhäuser, Wandelhallen, Kur- und Konversationshäuser, für die die Architekten individuelle Lösungen finden mussten.

Den Höhepunkt der Ausstellung bildeten rund vierzig imposante, maßstabsgetreue als auch mit liebevollen Details versehene Modelle berühmter nationaler als auch internationaler Bäderhäuser, die von Studierenden des Instituts für Darstellen und Gestalten der Architekturfakultät Stuttgart unter Anleitung von Kunsthistorikern, Architekten und Gestaltern gebaut worden sind. Für Kleve von besonderem Interesse war ein Modell des Klever Kurhauses aus den ruhmreichen Zeiten Bad Cleves im 19. Jahrhundert.

„Balnea – Architekturgeschichte des Bades“ war eine Wanderausstellung, die u.a. bereits im Architekturmuseum der TU Berlin, im Stadtmuseum Warleberger Hof in Kiel und im Museum Nordseeheilbad Norderney zu sehen war. Zur Ausstellung ist im Koekkoek-Shop ein gleichnamiger Katalog, der im Jonas Verlag, Marburg erschienen ist, erhältlich.

Die Ausstellung wurde gefördert

Rotes Quadrat und schwarze Rakete. Druckgraphik aus einer Privatsammlung

Museum Kurhaus Kleve, 17.07. – 06.11.2011

Anhand von über 100 Arbeiten gab das Museum Kurhaus Kleve einen Überblick über exemplarische Positionen der modernen Druckgraphik und schlug dabei einen Bogen von den 1920er bis in die 1970er Jahre. Die Werke stammten aus einer facettenreichen rheinischen Privatsammlung, die dem Museum seit vielen Jahren eng verbunden ist. Die Ausstellung setzte ein mit Künstlern der Klassischen Moderne, z. B. Lyonel Feininger, Ewald Mataré, Gerhard Marcks oder Renée Sintenis.

Ihr Focus aber lag klar auf der Zeit nach 1945 – beginnend mit Leitfiguren der Nachkriegsmalerei wie Willi Baumeister und Ernst Wilhelm Nay, über Protagonisten der konkreten Kunst wie Josef Albers, Max Bill und Richard Paul Lohse, über die Farbfeld-Bilder etwa von Antonio Calderara oder Rupprecht Geiger und die Op Art, vertreten u. a. durch Victor Vasarely, bis hin zur Zero-Kunst eines Otto Piene.

Die graphischen Techniken umfassten die traditionellen Verfahren Holzschnitt, Radierung und Lithographie ebenso wie den Siebdruck, dessen in den 1950er Jahren beginnender Siegeszug eine neue Epoche der Graphik einleitet.

Das Museum Kurhaus Kleve hat seit der Mitte der 1990er Jahre unterschiedliche Aspekte der umfangreichen Privatsammlung vorstellen dürfen, zu der dieser bedeutende Bestand an moderner Druckgraphik gehörte. Frühere Präsentationen würdigten die Arbeiten auf Papier deutscher Künstler nach 1950 („Farbräume und Bildstrukturen“, 1995), die Kleinplastiken des 20. Jahrhunderts (1998), die mittelalterlichen Miniaturen und Inkunabeln (1998) und die historischen Gartenansichten des 17. bis 19. Jahrhunderts („Gartenlust“, 2004). Zur Ausstellung erschien ein Katalog.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Ewald Mataré – Plastik. Eine rheinische Privatsammlung

Museum Kurhaus Kleve, 14.03. – 04.07.2010

Der Bildhauer und Graphiker Ewald Mataré (Aachen-Burtscheid 1887-1965 Büderich) gehört zu den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten des Rheinlands im 20. Jahrhundert und ist einer der wichtigsten Protagonisten der Klassischen Moderne in Deutschland. Das Museum Kurhaus Kleve konnte 2010 zum ersten Mal überhaupt eine bedeutende rheinische Privatsammlung präsentieren, die in den letzten 20 Jahren aufgebaut wurde und viele Hauptwerke Matarés vereinigt.

Die Ausstellung umfasste über 50 Skulpturen aus allen Schaffensphasen, darunter zahlreiche überaus seltene Werke. Die früheste Arbeit datiert von 1923, die späteste von 1960, so dass es möglich war, Matarés gesamte künstlerische Entwicklung zu überblicken und die formalen Wandlungen in seinem Werk zu verfolgen. Der thematische Schwerpunkt lag auf der Darstellung des Tieres, das für Matarés Denken eine zentrale Rolle spielt. So wurde etwa eine ganze Gruppe imposanter stehender oder liegender Kühe bzw. Rinder aus den 1920er Jahren gezeigt, allesamt Ikonen von Matarés Kunst. In ihnen manifestierte sich sein Streben nach einer geschlossenen, in sich ruhenden Form als Analogon der inneren Ordnung der Natur auf besonders eindringliche Weise.

Von besonderer Delikatesse sind die äußerst reduzierten Kleinplastiken, in denen das dargestellte Tier zu einem Fetisch wurde. Matarés Auseinandersetzung mit dem Bild des Menschen wurde u. a. vergegenwärtigt durch die berühmte „Pietà“ von 1922/23, die ihn deutlich als Mitglied der expressionistischen Generation auswies.

Die Ausstellung zeigte darüber hinaus exemplarische kunsthandwerkliche Arbeiten, die einen wesentlichen Aspekt von Matarés Schaffen ausmachen. Hervorzuheben war beispielsweise ein bisher unbekannter kostbarer keramischer Krug aus den 1930er Jahren, der mit Tiermotiven bemalt ist.

Ewald Mataré wurde am 25.02.1887 in Burtscheid geboren. Nach erstem Unterricht bei dem Bildhauer Karl Krauß und dem Maler Eugen Klinckenberg in Aachen ging er 1907 zum Studium bei Julius Ehrentraut nach Berlin. 1914 studierte er bei Lovis Corinth, 1915 wurde er Meisterschüler von Arthur Kampf. 1918 trat Mataré der revolutionären „Novembergruppe“ bei; parallel dazu gewann er in seinem malerischen Werk Anschluss an den Expressionismus. 1920 entstanden bei einem Sommeraufenthalt an der Nordsee die ersten Holzschnitte, die schnell den Weg zur Skulptur ebneten. 1932 wurde Mataré auf Initiative von Paul Klee als Professor an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen, von der ihn die Nationalsozialisten, die sein Werk als „entartet“ brandmarken, schon 1933 wieder vertrieben. 1945 kehrte Mataré an die Düsseldorfer Akademie zurück, wo Erwin Heerich und Joseph Beuys zu seinen ersten Schülern zählten. Er erhielt zahlreiche staatliche und kirchliche Aufträge in Deutschland und weltweit. Am 29.03.1965 starb Mataré in Büderich.

1988 gab Sonja Mataré den Nachlass ihres Vaters in die Obhut der Stadt Kleve, wo er die Basis der Sammlung moderner Kunst des Museum Kurhaus Kleve bildete. Seither hat sich das Museum in zahlreichen Ausstellungen und Publikationen der Erforschung von Ewald Matarés Werk gewidmet. Zur Ausstellung erschienen ein Katalog und ein Plakat.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

  • WDR3 – Kulturpartner des Museum Kurhaus Kleve (www.wdr3.de)

Johanna Sebus. Zum 200. Todestag

B.C. Koekkoek-Haus, 11.01. – 07.06.2009

Am 13. Januar 1809 verlor Johanna Sebus ihr Leben, als sie während einer der größten Hochwasserkatastrophen im Klever Land versuchte, ihre eigene Mutter und eine Frau mit zwei Kindern aus den Fluten zu retten. Ihre Selbstlosigkeit und ihr Heldenmut zogen zu ihrer Zeit große Bewunderung auf sich und gelten bis heute als beispielhaft. Das B.C. Koekkoek-Haus widmete Johanna Sebus zu ihrem 200. Todestag eine Ausstellung, die rund 80 Exponate umfasste: historische Urkunden und Dokumente ebenso wie bildliche Darstellungen aus zwei Jahrhunderten.

An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurde der Niederrhein wiederholt von großen Überschwemmungen heimgesucht. Das Hochwasser von 1784 etwa gilt bis heute als eine der größten Naturkatastrophen der Neuzeit in Mitteleuropa. Die Flut von 1809 war insofern Teil einer Kette unheilvoller Ereignisse. Johnna Sebus wurde 1791 als eines von sieben Kindern von Jacob und Helene (geb. van Bentum) Sebus geboren. Johannas Vater, ein Tagelöhner, starb wenige Jahre nach ihrer Geburt, ihre Mutter brachte die Kinder als Dienstmagd durch.

Am Nachmittag des 13. Januar 1809, gegen 14 Uhr, nachdem die Schleuse an der Spoy und im Anschluss der Damm weggerissen worden waren, stürzte Johanna sich ins Wasser, um ihre Mutter zu retten. Bei dem anschließenden Versuch, auch ihre Nachbarin und deren Kinder aus den Fluten zu bergen, kam sie ums Leben. Ihr Leichnam wurde drei Monate später in einem Graben zwischen Rindern und Düffelward (im Volksmund „Koij“ oder „Kode“) unter Schlick und Sand gefunden und auf dem Friedhof in Rindern beigesetzt. Als die alte Kirche von Rindern 1872 abgebrochen und ein größerer neugotischer Bau errichtet wurde, bezog man das Grab der Johanna Sebus in die Kirche mit ein. Eine Bodenplatte in Altarnähe markiert seine Position.

Schon kurz nach ihrem Tod, im Mai 1809, setzte Johann Wolfgang von Goethe mit einer Ballade Johanna Sebus ein berühmt gewordenes literarisches Monument. 1811 wurde das Gedicht von dem mit Goethe befreundeten Komponisten Carl Friedrich Zelter vertont und in Kleve aufgeführt.

Ebenfalls 1811 wurde Johanna Sebus außerdem posthum mit dem Rosenorden Kaiser Napoleons ausgezeichnet, denn Kleve stand zu dieser Zeit unter französischer Verwaltung. Im selben Jahr wurde Johanna Sebus am Altrhein-Deich in Kleve-Wardhausen / Brienen auch ein Gedenkstein errichtet. Entworfen hat ihn kein Geringerer als Dominique Vivant Denon, der Generalinspektor der französischen Museen.

Seither haben sich zahllose Künstler und Schriftsteller mit dem Hochwasser von 1809 und der selbstlosen Tat der Johanna Sebus auseinandergesetzt.

Die Ausstellung wurde ausgerichtet in Kooperation mit dem Klevischen Verein für Kultur und Geschichte / Freunde der Schwanenburg e.V.

Die Ausstellung wurde gefördert

B.C. Koekkoek – Zeichnungen

B.C. Koekkoek-Haus, 18.05. – 28.09.2008

Erstmals seit vielen Jahren präsentierte das B.C. Koekkoek-Haus einen besonders kostbaren Schatz seiner ständigen Sammlung: die Zeichnungen von Barend Cornelis Koekkoek, des bedeutendsten Vertreters der niederländischen Romantik. Koekkoeks Zeichnungen sind überaus lichtempfindlich und verletzlich und können deshalb nur sehr selten gezeigt werden. In einer Auswahl von rund 110 Blättern gab es nun endlich wieder die Gelegenheit, sich mit ihnen vertraut zu machen.

Im Schaffen von Barend Cornelis Koekkoek (1803-1862) spielt die Zeichnung von Beginn an eine zentrale Rolle. Noch im Kindesalter besuchte er die Zeichenschule seines Geburtsortes Middelburg, wo er von Abraham Krayestein (1793-1855) unterrichtet wurde.

Nachdem Koekkoek 1823 das Diplom der Königlichen Akademie der bildenden Künste in Amsterdam erhalten hatte, lebte er für einige Zeit in Hilversum und Beek bei Nimwegen, bereiste den Harz, das Rheinland und Brabant. Die Eindrücke seiner zahlreichen Reisen hielt er zeichnerisch fest und erarbeitete sich so ein Repertoire an Motiven, aus dem er später bei der Komposition seiner berühmten Landschaftsbilder schöpfen konnte. Nicht umsonst zeigt das berühmte Porträt von Charles Baugniet aus dem Jahr 1839 den Künstler in der freien Natur mit den Attributen Skizzenbuch und Zeichenfeder.

In den 1830er Jahren bediente B.C. Koekkoek sich vor allem der grau lavierten Federzeichnung in Sepia, die es ihm erlaubte, seine Motive detailreich und mit kräftigen Modulationen wiederzugeben. Eine eindrucksvolle Arbeit in dieser Technik ist etwa das „Militärlager im Wald“ von 1836, das nach einer vorbereitenden Bleistiftskizze entstand.

Auch in späteren Jahren, nachdem sich seine Ehrungen als Landschaftsmaler immer mehr häuften, blieb für Koekkoek die Zeichnung ein wichtiges Hilfsmittel, um mit dem Graphit die Kompositionen seiner Gemälde auf dem Malgrund anzulegen.

1841 gründete B.C. Koekkoek in Kleve das „Zeichen-Collegium“. Wenn in dieser Schule auch in erster Linie Malerei unterrichtet wurde, so spiegelt ihr Name doch wieder, welch außerordentlich hohe Bedeutung der Künstler dem Medium der Zeichnung sein Leben lang beimaß.

Samuel Jessurun de Mesquita: Zeichnungen und Druckgraphik

B.C. Koekkoek-Haus, 10.02.2008 – 04.05.2008

Die Ausstellung mit über 100 Zeichnungen und druckgraphischen Blättern stellte mit Samuel Jessurun de Mesquita (Amsterdam 1868-1944 Auschwitz) eine der herausragenden niederländischen Künstlerpersönlichkeiten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erstmals in Deutschland vor.

De Mesquitas Anfänge lagen bei der angewandten Kunst. Erst nach und nach fand er zur Druckgraphik, einem Metier, in dem er sich schließlich, auch im internationalen Vergleich, als sehr eigenwillige und ganz und gar unverwechselbare Künstlerpersönlichkeit erweisen sollte.

Während seiner Tätigkeit unter anderem an der Akademie in Amsterdam entwickelte sich Samuel Jessurun de Mesquita zu einem bedeutenden Lehrer, der Generationen von niederländischen Künstlern beeinflusst hat. Von Symbolismus und Jugendstil ausgehend, fand er vor allem in den 1920er Jahren zu einer ganz eigenen Bildsprache und Bildwelt, in der expressionistische Tendenzen, seine ihm eigene Experimentierfreude und seine Imagination eine unverwechselbare Synthese eingehen. Dabei lotete er die Möglichkeiten der verschiedenen druckgraphischen Verfahren, vor allem des Holzschnitts, geradezu obsessiv aus.

Parallel zur Druckgraphik mit ihren einfühlsamen Porträts wie ihren wunderbar stilisierten Tier- und Pflanzendarstellungen – in den Niederlanden wurde der Künstler vor allem durch diese Arbeiten populär – entstand aber noch ein ganz anderes Werk mit sehr eigenwilligen Phantasieszenen, deren teilweise skurriles Personal der Welt der Träume und Albträume zu entstammen scheint. Gerade die Wechselwirkung dieser beiden – für sich genommen bereits attraktiven – Stränge in seinem Schaffen macht den Künstler auch für unsere Zeit faszinierend.

Seine Zugehörigkeit zu einer Amsterdamer jüdisch-sephardischen Familie ursprünglich spanisch-portugiesischer Abstammung führte 1944 zur Verhaftung de Mesquitas durch die deutschen Besatzer und zur Deportation nach Auschwitz, wo der Künstler und seine Familie kurz danach ermordet wurden.

Es war schließlich sein berühmtester Schüler, M.C. Escher, der viele Werke seines Lehrers nach dessen Deportation aus dem verlassenen Atelier rettete und nach 1945 verschiedene monographische Ausstellungen in niederländischen Museen initiieren konnte. Escher charakterisierte seinen Lehrer so: „Sein Werk zeichnet sich dadurch aus, nur von wenigen geschätzt und verstanden zu werden. Er ging stets seinen eigenen Weg, eigenwillig und aufrecht; nur in geringem Maße wurde er von anderen beeinflusst, er selbst jedoch übte einen starken Einfluss auf das Werk von Jüngeren aus. Die meisten derer, die seinen Einfluss erfahren hatten, haben sich ihm allerdings früher oder später entzogen. Daher hat er keine Schule begründet, wodurch seine starke, einsame Persönlichkeit noch faszinierender wird.

Zur Ausstellung erschien ein Katalog. Den einführenden Text verfasste Jonieke van Es vom Museum Boijmans Van Beuningen Rotterdam, die das Werkverzeichnis des Künstlers sowie eine umfangreiche monographische Ausstellung (S.J. de Mesquita, Striking Simplicity – Indrukwekkende eenvoud, Gemeentemuseum Den Haag, 10. Dezember 2005 – 12. März 2006) erarbeitet hat und als die beste Kennerin seines Werks galt.

Die Wanderausstellung wurde von der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Deutschland gefördert (www.niederlandeweb.de). 

Willy Maywald: Glanz und Eleganz

B.C. Koekkoek-Haus, 12.08.2007 – 27.01.2008

Am 15. August 2007 hätte der Photograph Willy Maywald, der in den 1940er und 1950er Jahren als Chronist der künstlerischen Avantgarde, als Mode-, Theater und Filmphotograph zu internationalem Ruhm gelangte, seinen 100. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass zeigte das B.C. Koekkoek-Haus eine Übersichtsausstellung des Werks dieses großen Sohnes der Stadt Kleve. Sie umfasste über 120 Arbeiten, wobei der Schwerpunkt auf Maywalds berühmten Modephotos und Künstlerporträts lag. Darüber hinaus waren auch Aufnahmen vom Niederrhein und seiner Heimatstadt Kleve zu sehen.

Willy Maywald wurde 1907 als Sohn von Wilhelm und Hermine Maywald geboren, die das berühmte Klever Grand-Hotel Maywald führten. Nach der Kunstgewerbeschule in Köln und der Werkkunstschule in Krefeld studierte er in Berlin, der damaligen deutschen Hauptstadt des Theaters und des Varietés, die seine Liebe für die Bohème weckte. 1931 reiste Maywald zum ersten Mal nach Paris, das mit Ausnahme der Kriegsjahre fortan zu seiner Wahlheimat wurde. Bis zu seinem Tod 1985 lebte er an der Rue de la Grande Chaumière unweit des Montparnasse und war Teil der schillernden Kunst und Modeszene der französischen Hauptstadt.

In den Nachkriegsjahren wurde Willy Maywald von den großen Modezaren Christian Dior, Jacques Heim oder Jacques Fath als Photograph engagiert. Seine Bilder wurden in Zeitschriften wie „Vogue“ oder „Harper’s Bazaar“ veröffentlicht. Vor allem Dior blieb Maywald eng verbunden, er prägte das Gesicht dieses Modehauses für Jahrzehnte. Maywald pflegte intensive Kontakte zur künstlerischen Avantgarde, die nach Kriegsende nach Paris zurückkehrte und porträtierte u.a. Picasso, Chagall, Arp.

Auch die Stars von Film und Theater ließen sich gern von ihm ablichten: Das B.C. Koekkoek-Haus zeigte Aufnahmen von der Velvet Underground-Sängerin und Ikone Nico über Jean Cocteau bis zu dem französischen Schauspieler Jean-Louis Barrault. In den 1960er Jahren arbeitete Maywald zudem immer häufiger für Dekorations- und Architekturzeitschriften, wie etwa für das Magazin „Schöner Wohnen“.

Ab den 1970er Jahren erlebte Maywald die internationale Wiederentdeckung seiner Arbeiten, die zu Dokumenten ihrer Zeit geworden waren und in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und in Übersee gewürdigt wurden. Das Klever Museum hat Willy Maywald in der Vergangenheit bereits vier Ausstellungen gewidmet: zwei zu Lebzeiten (1963 und 1978) und zwei nach seinem Tod (1992 und 1995).Zur Ausstellung erschienen ein Katalog und ein Plakat. 

Die Ausstellung wurde gefördert