Assistentin des Kurators


Giuseppe Penone

Museum Kurhaus Kleve, 08.10.2006 – 25.02.2007

Mit einer Ausstellung, die den Zeitraum 1968 bis 2006 umfasste, widmete sich das Museum Kurhaus Kleve der Arbeit von Giuseppe Penone. Es handelte sich dabei um die größte museale Einzelausstellung, die diesem international einflussreichen Vertreter der italienischen Gegenwartskunst bis dato in Deutschland ausgerichtet worden ist. Mit ihr setzte das Museum Kurhaus Kleve eine Reihe von Präsentationen zur „Arte Povera“ fort, in der 2001 großformatige Arbeiten auf Papier von Mario Merz und 2004 eine Retrospektive des Werks von Giovanni Anselmo gezeigt wurden.

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist die 16 m hohe Außenplastik „Der Schatten der Bronze“ (2002), deren Aufstellung im historischen Forstgarten gegenüber dem Museum die Symbiose zwischen Penones Kunst und dem Ort ihrer Präsentation unterstrich. Schließlich ist das Museum Kurhaus Kleve durch seine Lage inmitten einer Gartenlandschaft, die in ihren ältesten Teilen auf den Barock zurückgeht, dem für Penones Denken zentralen Dialog zwischen Kunst und Natur in besonderer Weise verpflichtet.

Die Ausstellung des Museum Kurhaus Kleve machte in einer spannungsvollen Folge von Sälen mit allen Facetten von Giuseppe Penones vielgestaltigem Werk bekannt. Der Bogen spannte sich von den frühesten, in Photos dokumentierten Aktionen der 1960er Jahre über die bekannten Werkgruppen der „Bäume“ und „Pflanzlichen Gebärden“ bis zu Arbeiten der jüngsten Zeit, die in Deutschland noch nie gezeigt wurden. Subtile Zeichnungen waren ebenso zu sehen wie Raum füllende Installationen und imponierende Großformate – etwa „Goldene Haut auf Akaziendornen (Mund)“ von 2001/02, ein Werk, das aus 30 mit Tausenden von Akaziendornen übersäten Leinwänden besteht und insgesamt 3 x 12 m gemessen hat.

Giuseppe Penone wurde 1947 geboren in Garessio / Ponte und lebt heute in Turin. Seit fast 40 Jahren erforschte er die Formen und die Kräfte der Natur. In seinen Zeichnungen und Aktionen, Skulpturen und Installationen machte er deutlich, dass die Natur, ehe sie zum Rohstoff für die Werke des Menschen wird, selbst vollendete Kunstwerke hervorbringt. So versetzte er etwa einfache Vierkanthölzer in ihre eigene Vergangenheit als Bäume zurück, indem er ihren Stamm entlang eines bestimmten Jahresringes freilegte. Immer wieder thematisierte Penone auch den Dialog und die Interaktion zwischen Mensch und Natur, etwa wenn er eine eiserne Hand an der Rinde eines Baumes anbrachte, so dass dieser gezwungen wurde, um sie herum zu wachsen. Das kühle und starre, vom Menschen geschaffene Objekt – Symbol seiner körperlichen und geistigen Tätigkeit und Präsenz – und die lebendige und in stetiger (allerdings unmerklicher) Entwicklung und Entfaltung sich befindende Pflanze wirken zusammen und schaffen ein Werk, das immer im Werden und Natur und Kultur zugleich war.

Die Ausstellung stand unter der Schirmherrschaft Seiner Exzellenz, des Botschafters der italienischen Republik, Antonio Puri Purini. Zur Ausstellung gab das Museum Kurhaus Kleve einen Katalog sowie die erste vollständige deutschsprachige Ausgabe von Giuseppe Penones Schriften der Jahre 1968 bis 2004 heraus.

Die Ausstellung wurde gefördert

Mit freundlicher Unterstützung

Lothar Baumgarten – Imago Mundi

Museum Kurhaus Kleve, 29.01.2006 – 14.05.2006

Lothar Baumgarten gehörte zu den international renommiertesten Künstler*innen. Entscheidend für sein Denken war die diskursive Einlassung mit einem Ort. Sie provozierte in der Auseinandersetzung die Antwort, die Entscheidung über Maß und Proportion, über Material und Licht, Inhalt, Form, wie Farbe. Es gab keine Entwurfsschemata, keine Methode in Strich und Umsetzung. Es gab keine Wahrheit, aber es gab gültige Maßgaben, die trugen. Für ihn hatte Schönheit ihren Grund in der Sinngebung und im Wissen, nicht aber in der Ästhetik.

Baumgartens Werk ist durch Ausstellungen in bedeutenden Museen so wie durch Preise gewürdigt worden. Vier Mal (1972, 1982, 1992, 1997) nahm er an der documenta teil, sowie an der Carnegie International: 1988 „Cherokee Alphabet“ (Hall of Sculpture, Carnegie Mellon) und 1991 „Grammar of Creation“ (Ducane University, Mies van der Rohe). 1984 wurde er für seine Arbeit „America“ (Señores Naturales, 1983/84) im Deutschen Pavillon mit dem „Goldenen Löwen“ der Biennale von Venedig ausgezeichnet, 1993 zeigte das Solomon R. Guggenheim Museum in New York in Frank Lloyd Wrights Rotunda eine Einzelausstellung. Im Jahr 1996 erhielt er den Lichtwark-Preis der Hansestadt Hamburg; den mfi Preis für Kunst und Bau erhielt er 2003. 

Die Ausstellung „Imago Mundi“ des Museum Kurhaus Kleve war Baumgartens bis heute größte museale Einzelausstellung in Deutschland. Ihr Parcours eröffnete einen gewissen Überblick durch viele Werkphasen von den späten 1960er Jahren bis in die Gegenwart. Die Einrichtung der Ausstellung führte einen Dialog mit der von Walter Nikkels entworfenen Museumsarchitektur. Ihr Kanon machte häufig den architektonischen Kontext des Gebäudes zum Träger der Arbeit selbst. Eine zentrale Rolle in der Ausstellung nahm die komplexe raumgreifende Wandzeichnung (Installation) „Imago Mundi“ "L’autre et L’ailleurs" 1988 ein. Ihre formale Gliederung bezog sich auf die bekannte Farbmusterkarte von Kodak – ein durch Kodak entwickeltes Hilfsmittel für die Anfertigung photographischer Abzüge im allgemeinen und die Farbreproduktion im besonderen. „Imago Mundi“ konfrontierte die geographischen Namen der Kontinente Amerika, Asien, Afrika, Australien und Antarktis mit den Namen jener europäischen Nationalstaaten, die als Kolonialmächte ihre globalen Interessen in Übersee manifestierten. Die dieser Arbeit eingeschriebene Dialektik hinterfragte die vielschichtige nicht normative Interpretation von Farbe im Kontext globalen Austauschs. Sie spiegelte als graphische Formel das Eigene und das Andere. Cyan – Yellow – Magenta – Black mutieren hier zur ’Hautfarbe’. Die Wandzeichnung wurde zu einer Parabel der Globalisierung. 

Zu den frühen Arbeiten gehörte der Film „Der Ursprung der Nacht“ (Amazonas-Kosmos) 1973 – 1977. Der Film entwickelte, im Atelier beginnend, über die Morphologie von Vegetation und Zivilisationsmüll eine Begegnung mit dem Regenwald Amazoniens am Rande einer rheinischen Großstadt. Die fiktive Reise durch eine manipulierte Natur spiegelte die eigene Erinnerung und Kultur wider. Nichts war mehr, was es zu sein scheint. Mimikry wurde zum ständigen Begleiter. Die Photographien der Serie „Montaigne“ 1977 – 1985 zeigten die Landschaft und Urwälder der Gran Sabana, eines zum Eldorado der Goldwäscher gewordenen Schlachtfelds in Venezuela und dem Norden Brasiliens. Von besonderer Bedeutung für die Ausstellung in Kleve waren zwei neue sich doppelnde Lichtbildprojektionen, die achtzig Gemälde brasilianischer Vögel aus dem 17. Jahrhundert zum Gegenstand haben. Die Bilder stammten von der Hand des niederländischen Malers Albert Eckhout und basierten auf Studien, die während seiner Jahre in Brasilien unter Johann Moritz von Nassau-Siegen entstanden. Johann Moritz, der von 1647 – 1679 brandenburgischer Statthalter in Kleve war, wirkte zuvor in den Jahren 1637 – 1644 für die niederländische Westindische Compagnie als Gouverneur in Recife. In diesen Lichtbildprojektionen stellte Baumgarten Details des gemalten Federkleids der Vögel Eckhouts Zeichnungen der Yanomami des oberen Orinoko gegenüber. 

„Doppelpendel“ 2002/03 war eine Reflektion über den Kanon der Farbe bei Malern der Renaissance (Giotto di Bondone, Benozzo Gozzoli, Domenico Ghirlandaio, Pinturicchio, Paolo Uccello, Piero della Francesca, Luca Signorelli, Fra Angelico, Masaccio), die für einen Kreuzgang in Montalcino / Italien realisiert und in Kleve in den Arkaden des Museums gezeigt wurde. Ihr gegenüber war die große, frei stehende Doppelwand durch eine Wandzeichnung „Abgleich Präludium, Variation II“ 1995 als bestimmendes architektonisches Element gewürdigt. „Abgleich“ war ein Versuch über das Benennen von Farben im kommerziellen Austausch. „Verlorene Früchte“ 1969 sowie „Moskitos“ 1969, „Vom Ursprung der Tischsitten“ 1971 und „Nachtflug“ 1969 waren frühe Arbeiten, in denen das ephemere Element ihrer Materialisation von Bedeutung war. „Archiv“ 1967 – 1974 fasste in 300 Ektachromen die Entwicklung einer künstlerischen Grammatik zusammen, auf deren Elemente immer wieder zurückgegriffen wurde. „Wie Venedig sehen“ 1983/84 war eine Lichtbildprojektion venezianischer Kamine. „Seven Sounds – Seven Circles“ 2002 zeigte die Halbinsel Denning’s Point im Hudson River bei Beacon, auf der zurzeit ein Projekt mit Tonaufnahmen realisiert wurde. Eine Doppelprojektion zeigte ein Galeriefenster von Konrad Fischer. Der Stein für Georg Forster wurde für die documenta 7, Kassel, realisiert und war Anstoß und Versuch, die dortige Universität nach ihm zu benennen. „Feldweg“ 2002 zeigte in einem Saal eine simultane Lichtbildprojektion aus fünf Teilen. Es war eine Reflektion über das Passagenwerk Walter Benjamins.

Die Werke Lothar Baumgartens befanden sich in internationalen Sammlungen, u.a. im Museum of Modern Art, New York; Metropolitan Museum, New York; Carnegie Museum, Pittsburgh; National Museum of Modern Art, Kyoto; Castello di Rivoli, Turin; Fundacao Serralves, Porto; Nationalgalerie (Hamburger Bahnhof), Berlin; Tate Modern, London; Stedelijk Museum, Amsterdam; Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven, De Pont, Tilburg; Museum Kurhaus Kleve, Kleve. Projekte im öffentlichen Raum: Bundespräsidialamt, Berlin; „Configuracions urbanes“ Olympiade Cultural, Barcelona; Fondation Cartier, Paris.

Die Ausstellung wurde gefördert

  • Kulturstiftung des Bundes
  • Kunststiftung NRW

Mit freundlicher Unterstützung

  • Georgia Hotel Cleve